Gehst du bitte auf die Toilette?

Die Waschräume in meinem Kindergarten waren ein wahres Spielparadies. Zumindest für die Anderen. Alleine der Weg zu den sanitären Anlagen glich einem Abenteuer.

Sie waren nur über eine Treppe zu erreichen. Aber keine ganz „normale“ null-acht-fünfzehntreppe, die zwei Stockwerke miteinander verband. In Kinderaugen war sie einfach nur cool.

Ich hasste es im Kindergarten auf Toilette zu gehen. Ich machte es nicht. Nie.

Es ging sogar so weit, dass mich meine Kindergärtnerinnen dazu aufforderten und mich baten, die Toilette aufzusuchen, weil sie sich Gedanken darum machten, dass ich anscheinend, zumindest offiziell, nie musste.

Ich weiß nicht, wie es bei euch im Kindergarten war, aber in unserem Kindergarten konnte man, aus Sicherheitsgründen, die Toilettenkabinentüren nicht abschließen. Einige Kinder machten sich also einen Spaß, ob böse, unbewusst oder neugierig, und öffneten die Kabinentüren, sobald sie dachten jemand säße auf dieser Toilette.

Ebenso waren die Trennwände so dermaßen niedrig, dass man von einer in die andere Kabine schauen konnte, wenn man wollte. Und es war ein Gemeinschaftswaschraum, Junge und Mädchen gemischt.

Es mag sein, dass es vielen Kindern in diesem Alter nichts ausmachte unter den oben aufgelisteten Tatsachen ihre Toilettengeschäfte zu verrichten, manch einer verbrachte sogar tatsächlich eine längere Sitzung auf diesen Toiletten, was ich immer sehr bemerkenswert fand.
Mir machte es etwas aus.

Ich wollte nicht mit Jungs auf eine Toilette gehen, die vielleicht daneben pinkelten.

Ich wollte nicht, dass man über meine Kabinentrennwand schaute.

Oder dass jemand die Kabinentür kreischend aufstieß und sich dabei kaputt lachte.

Ich wollte mich dort nicht ausziehen, und sei es, dass es „nur“ die Hose war.

Ich wollte mich nicht auf die Toilettenbrille setzen.

Die Hygieneschritte von manchen meiner Kindergartengenossen hatte ich eingehend studiert und teils als nicht gut eingestuft. Mit diesen Menschen wollte ich keine Toiletten teilen.

So kam es dann also, sobald die als Frage getarnte Aufforderung kam „Anna, gehst du bitte auf die Toilette?“, dass ich mich aufmachte und die abenteuerliche Treppe zu den Miniaturtoilettenkabinen empor stieg.

Ich warf einen dezenten Blick unter die Kabinentüren, um, einen gewissen Sicherheitsabstand einhaltend, zu schauen, ob Füße zu sehen waren.

War dem nicht so stieß ich die Kabinentür auf. Ich stand in der Kabine und zählte bis 20 oder 30, je nach dem.
Machte die Tür wieder auf, wusch mir die Hände und ging wieder nach unten.

Auf jegliches Nachfragen hin: Aber natürlich war ich auf Toilette!

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