„Warum sind manche Menschen einfach nicht ehrlich?
Warum sagen sie Dinge, die sie nicht so meinen, oder vielleicht anders meinen?
Warum kann man nicht einfach etwas sagen und es auch so meinen?“
Aus einem Monolog wird ein Dialog.
Mein Familienmitglied schaut mich mit großen Augen an. Der abendliche Hundegang eignet sich gut für Gespräche über Gott und die Welt.
Explizite Begebenheiten werden erläutert und hinterfragt und das Für und Wider aufgewogen.
Ich werde euch berichten, wie ich meinem Familienmitglied erklärt habe, warum manche Menschen nicht ehrlich sind.
Warum ICH denke, dass sie nicht immer ehrlich sind.
„(…) Manche Menschen haben Angst. Angst vor Zurückweisung oder davor anzuecken.
Sie wollen sich groß tun, obwohl sie sich klein fühlen und ihre verletzlich Seite nicht zeigen, weil sie ausgenutzt werden könnten.
Sie sind misstrauisch. Auf der Hut. Warum solltest du ihnen etwas Gutes wollen?
Manche Menschen lassen sich selber glauben, sie versuchten in Jedem etwas Gutes zu sehen.
In gewissen Nuancen ihres Lebens scheinen dann jedoch die Verlassensängste hindurch.
Die fehlende Selbstliebe.
Menschen belügen nicht nur andere Menschen, sie können auch sich selber belügen. Und dadurch indirekt ihre Mitmenschen, denen sie ein Bild von sich vorleben.
Bewusst oder unbewusst. Menschen die ihnen unter Umständen wichtig sind.
Die Wahrheit ist ein großes Wort, genauso wie die Lüge.
Eine Lüge ist nicht gleich eine Lüge.
Es kommt auch darauf an, welche Intention hinter dieser Unwahrheit steckt.
Wollte man Jemanden schützen? Jemanden verletzen?
Sich selber schützen?
Jemanden aus Liebe oder Schutzgedanken anzulügen, macht die Lüge nicht besser.
Nur anders.
Menschen handeln aus unterschiedlichen Beweggründen.
Manche Menschen lügen, weil sie kein Rückrat haben. Sie haben Angst vor den Konsequenzen.
Fühlen sich benachteiligt.
Gepaart mit fehlendem Selbstbewusstsein, sind dies die Lautesten wenn es darum geht, jemanden klein zu machen und schlecht zu reden.
Bist du eine Stufe unter mir, bin ich logischerweise eine Stufe über dir.
Muss mich nicht hinterfragen.
Warum auch, ich habe schließlich keinen Fehler gemacht.
Ich muss dich degradieren, um mich nicht schlecht zu fühlen.
Vielleicht lächle ich dich an, obwohl ich eben noch behauptet habe, du hast die vermeintlichen Extrawürste nicht verdient.
Einfach weil ich dich nicht mit meiner Meinung konfrontieren möchte.
Es ist so viel höflicher, wenn ich es für mich behalte.
Haha. Ironie aus.
Manche Menschen lügen, um Freundschaften nicht zu gefährden. Beziehungen zu retten.
Der Seitensprung wird in Schweigen gehüllt.
Denn eigentlich hatte man ihn auch gar nicht ernst gemeint. Und der Partner solle ja auch wirklich nicht verunsichert werden.
Denn schließlich liebe man ja auch wirklich nur ihn.
In diesem Fall kann ein Beweggrund für die Lüge sein, die Angst verlassen zu werden. Alleine zu sein.
Schmerz auszuhalten.
Sich schuldig fühlen zu müssen.
Sich Selbstvorwürfe zu machen.
Sich einfach eingestehen zu müssen „Scheiße, ich habe das jetzt hier gerade total verbockt.“
Manche Menschen sagen Unwahrheiten, weil sie dich nicht verletzen möchten.
Deine Hose gefällt vielleicht nicht, dennoch wird dir ein Kompliment ausgesprochen.
Deine neue Freundin kommt nicht so toll an, da dein Umfeld jedoch bemerkt, dass du bis über beide Ohren in sie verliebt bist, wird diskret verschwiegen, dass ihr Auftreten gar nicht gut in eurem Freundeskreis ankam.
Manchmal kann auch die Wahrheit weh tun.
Mehr als die Lüge.
Eine Lüge kann ein Puffer sein, auf dem man sich eine zeitlang ausruhen darf, bis man seine Meinung überdacht und vielleicht revidiert hat.
Eine Lüge kann ein Rettungsanker sein, wenn das erläutern der Wahrheit zu zeit- und kräftezehrend wäre.
Eine Lüge, kann ein Schutz sein und ein Gefallen, dem man Jemanden tut.
Auch ich habe schon für andere gelogen.
Weil ich sie schützen wollte.
Ihnen einen Gefallen getan habe.
Oder mir schlicht mein Gegenüber nicht wichtig/ symphatisch/ interessant genug war, um die Bitte um die Notlüge abzulehnen.
Menschen lügen nicht nur für sich.
Es kann auch im Kollektiv gelogen werden.
Ein Volk schützt sich selbst, in dem es seine Vergangenheit nicht aufarbeiten möchte.
Gelogen wird nicht recht, sondern eher so totgeschwiegen.
Doch auch das ist nicht die Wahrheit sagen.
Eine Familie schützt das alkoholkranke Familienmitglied.
Eine Frau, ihren schlagenden Mann.
Denn er kann ja auch anders. Und eigentlich ist es auch gar nicht seine Schuld.
Wir lügen nicht immer bewusst.
Manchmal sind es unbewusste Prozesse, die wir tun, weil wir sie vielleicht schon immer getan haben.
Weil es uns so beigebracht wurde.
Weil man über eine ganz bestimmte Sache einfach nicht sprechen durfte und deshalb ein Konstrukt an Halb- und Unwahrheiten aufgebaut wurde.
Manchmal wird es auch erwartet zu lügen.
Lüge und Wahrheit sind so große Worte.
Was ich dir gerne mitgeben möchte: Schaue, dass dein Gefühl stimmt.
Das Gefühl mit dem du etwas sagst.
Das Gefühl mit dem du etwas machst.
Versuche authentisch zu sein. Fühlt sich die Wahrheit richtig an, sage die Warheit.
Fühlt sich die Lüge, aus was für Gründen, richtig an, lüge.
Ich bin der festen Überzeugung, dass das Getane und Gesagte in dem Moment seine Berechtigung hat. Dass es wichtig ist, für den Moment und die Entwicklung.
Vielleicht ist genau dieser eine Schritt, dieses eine Wort in dem Moment wichtig.
Vielleicht ist es wichtig, zu erfahren, wie es sich anfühlt tapfer zu sein.
Wie sich Scham anfühlt, nach einer aufgedeckten Lüge, oder die Enttäuschung über sich, dass man sich nicht getraut hat.
Solange du etwas mit bestem Wissen und Gewissen tust, hat es seine Berechtigung.
Du wirst viele Momente in deinem Leben erleben, die dich wachsen und verzweifeln lassen.
Denen du dich stellen musst und wirst.
Und: Du wirst das alles schaffen!“
Wir setzen unseren Weg fort.
Genießen die Stille und die Dunkelheit.
Der Wind spielt mit den Blättern der Bäume.
Wir halten einen Moment inne und setzen dann unser Gespräch fort.
Es gibt noch soviel zu berichten und zu hinterfragen.
Nichts geschieht durch Zufall…
Gerade wieder bin ich an der Kaltschnäuzigkeit meines Partners verzweifelt und habe einfach in einer Suchmaschine ‚Lügen‘ und ’souverän‘ eingegeben.
Glücklicherweise bin ich auf dieser Seite hier gelandet, denn einmal mehr brauchte ich die Bestätigung, dass ich mit meiner aufrechten und authentischen Art und Weise nicht so ganz falsch liege. Schreib bitte weiter diese schönen, motivierenden Texte, die es so gut auf den Punkt bringen, damit Menschen wie ich nicht den Glauben an ihre Werte und Ansichten verlieren!
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Liebe Andrea,
ich freue mich sehr, dass dir meine Texte so gut gefallen und ich dir eine Freude damit bereiten kann.
Die letzten Wochen war ich in der Uni sehr eingebunden und erschöpft und mache mich nun langsam wieder daran aufzustehen und weiter zu schreiben.
Ich wünsche dir einen wunderbaren Abend und hoffe, dass du weiterhin souverän und selbstbewusst deinen Weg gehen kannst.
Viele liebe Grüße, Anna
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